Kombucha Journal

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Das Rätsel der Herkunft des europäischen Namens “Kombucha”

Das Teepilz-Getränk im Fernen Osten und das Rätsel der Herkunft des europäischen Namens “Kombucha”
© Elmar Dünßer, D-86854 Amberg (August 1998)

DIE europäische "Kombucha" (u.a. auch "Kombuchu" genannt) ist ein Hefe-Getränk, das auf der Basis von gesüßtem Tee mit Hilfe einer speziellen Hefen- und Bakterienkultur durch Fermentierung zubereitet wird. Es wird auch als "Teepilz-Getränk" bezeichnet. Die frühesten Nennungen dieses Namens in Europa scheinen in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts stattgefunden zu haben.

DER japanische "Kombucha" (auch "Kobucha" genannt) ist ein Algen-Tee, der seit langer Zeit in Japan aus Riementang OHNE Hefekulturen zubereitet wird (jap. "kombu"=Riementang, "cha"=Tee).

Ein Hinweis zur Schreibung der chinesischen und japanischen Wörter: hier werden die 4 verschiedenen Töne des Mandarinchinesischen durch nachgestellte Ziffern bezeichnet, da die (bessere) Wiedergabe der Töne durch Akzente hier technisch nicht möglich ist. Der Zirkumflex auf japanischen Wörtern bedeutet dagegen keinen Ton, sondern daß der bezeichnete Vokal lange auszusprechen ist. Ferner: "ch" ist in beiden Sprachen als "tsch", "j" als "dsch" zu lesen; Vokale wie in italienisch.

Es gab in den siebziger Jahren einen Versuch, das Teepilz-Getränk unter der Bezeichnung "kôcha-kinoko" (Schwarztee-Pilz) in Japan zu vermarkten. Zur Zeit des Höhepunktes 1975 scheint es auch einen Song mit diesem Titel gegeben zu haben. Nach etwa einem Jahr war der "kôcha-kinoko-bûmu" (Schwarztee-Pilz-Boom) oder sogar "-daibûmu" (-Großboom) vorbei und wurde vom "yôguruto-kinoko-bûmu" (Yoghurt-Pilz- Boom) abgelöst, der seinerseits dann auch wieder nach etwa einem Jahr zu Ende ging.

In den achtziger Jahren (ca. 1983) folgte ein entsprechender Teepilz-Boom in China, wo das Getränk "hong-2 cha-2 jun-4" (Schwarztee-Hefe) genannt wurde. Dieser Boom ist ebenfalls nach etwa einem Jahr wieder abgeklungen. Als ich jetzt aktuell nach Angeboten für Hefe-Tees in japanischen Internet-Seiten (per Altavista Japan) suchte, konnte ich nur ZWEI Seiten finden, wobei auf einer ein "mugi-kôbo-cha" (Weizen-Hefe-Tee) und auf der anderen ein "kenkôbo-cha" angeboten wird, was wohl eine Zusammenziehung von "kenkô" (Gesundheit) und "kôbo" (Hefe) darstellen soll. Dies neben unabsehbar vielen Firmen, die "normale" Teesorten und auch Riementang-Tee anbieten ! Unter der Bezeichnung "kôcha-kinoko" konnte ich überhaupt kein Angebot (mehr) finden, lediglich Hinweise auf die siebziger Jahre.

Die beiden URLs sind (mugi-kôbo-cha): http://www.kusuriya.com/nekkan/nekan1.html und (kenkôbo-cha): http://www.world-egg.com/hakusekikan/setk.html

In beiden Fällen ist zum Betrachten ein installierter japanischer Font sowie das Einstellen des Browsers auf japanisches Encoding erforderlich ! Wer noch keinen japanischen Font hat, kann sich zum Beispiel den Japanisch-Font aus dem = Verzeichnis \cdzugabe\fareast auf der deutschen Word97-CDROM installieren.

WARNUNG: Die in gewissen Internetseiten zu findende Behauptung, daß in Japan täglich über eine Million Japaner "Kombucha" tränken, stimmt nur für den gleichnamigen Riementang-Tee und keineswegs für das Teepilz-Getränk, wie es aber oft fälschlich und irreführend dargestellt wird !!

Für die meisten Japaner und Chinesen ist das Teepilz-Getränk nur eine Erinnerung nach dem Motto "stimmt, so eine Mode gabs mal, vor 15 bzw. vor 23 Jahren".


Zur Herkunft der europäischen Bezeichnung "Kombucha" gibt es mehrere Hypothesen:

1. Eine Hypothese besagt, daß das Wort auf die chinesische Bezeichnung "K'un pa ch'ua" (?) (angeblich ein "Tee wie Wein") zurückgeht, die zur Zeit der Qin-2 -Dynastie (221 bis 207 vor Christus) benutzt worden sein soll.

* Grundsätzlich möglich. Die Textstelle soll allerdings nur von gesüßtem Tee sprechen, von Hefe oder dergl. ist dabei nicht die Rede. Außerdem konnte ich bis jetzt die richtige Schreibweise und damit auch die genaue Bedeutung von "k'un pa ch'ua" (?) nicht herausfinden, das übliche Wort für "Wein" (mandarinchinesisch "pu-2 tao-2 jiu-3") steckt jedenfalls nicht drin.

2. Eine Hypothese besagt, daß das Wort auf die chinesische Bezeichnung eines angeblich lebensverlängernden Pilzes namens "ling-2 zhi-1" zurückgeht, was "göttlicher Pilz" heißt, die auch für den Teepilz gebraucht worden sein soll.

* Der chinesische Name "ling-2 zhi-1" (in japanischer Aussprache "rei-shi", das "ei" bitte nicht wie "ai", sondern eher wie langes "e" sprechen) ist lautlich soweit von Kombucha entfernt, daß er als Wortquelle dafür nicht in Frage kommt. Ein Beleg für die zusätzliche Verwendung dieses für einen echten (!) Pilz gebrauchten Namens auch für den Teepilz ist mir nicht bekannt.

3. Eine Hypothese besagt, daß das "Kombu-" auf den Namen eines koreanischen Arztes zurückgeht, der das Teepilzgetränk im Jahre 414 nach Christus für Kaiser Ingyô (Regierungszeit 412 bis 453) nach Japan gebracht haben soll: der europäische Kombucha wäre dann sozusagen "(Dr.) Kombu - Tee".

* In diesem Fall hätte das "kombu" keinen Zusammenhang mit "Riementang", denn von den über 2800 möglichen Varianten, im Japanischen die Bezeichnung "kombu" zu schreiben, bedeutet nur eine einzige "Riementang" und wurde wohl nie als Personen- oder Familienname gebraucht ! Den Namen "kombu" dann mit der Bedeutung "Riementang" in Verbindung bringen zu wollen, wäre gleichbedeutend mit der Behauptung im Deutschen, daß ein namentlich nicht näher bekannter "Dr. R." sicher Dr. Riementang heißt, da sein Name ja mit "R" beginnt !

* In gewissen englischsprachigen Internet-Seiten wird dabei von "414 B.C." gesprochen: das ist natürlich Unsinn, es muß "414 A.D." (= n.Chr.) heißen.

* Die ältesten Geschichtsbücher Japans sind in den Jahren 712 bis 841 n. Chr. entstanden, mit ihnen beginnt die japanische Schrifttradition. Aus den Jahren ca. 350 bis 710 ist nur vereinzelter Import und Gebrauch von chinesischen Schriftzeichen für chinesischsprachige buddhistische Texte durch koreanische Mönche bekannt. Davor existierte in Japan überhaupt keine Schrift, d.h. die Story über den Dr. Kombu müßte wohl ein paar hundert Jahre lang mündlich überliefert worden sein, bevor sie niedergeschrieben wurde ?

* Da ich in meinem großen japanischen Geschichtsbuch keinen Hinweis auf einen solchen "(Dr.) Kombu" (mit oder ohne -Tee) finden konnte, nehme ich an, daß diese Bezeichnung schon gleich danach wieder in Vergessenheit geraten ist. Es wäre interessant zu erfahren, in welchem Dokument die Story vom Dr. Kombu geschrieben steht - mir ist keine Herkunftsangabe bekannt.

4. Eine Hypothese besagt, daß die Japaner früher ihr Teepilz-Getränk auf der Basis von Riementang-Tee zubereitet haben, und der Name des Teepilz-Getränks direkt von der japanischen Bezeichnung für Riementang-Tee "Kombucha" abstammt.

* Grundsätzlich möglich. Mir ist jedoch kein Hinweis bekannt, der bestätigen würde, daß die Japaner JEMALS Teepilz-Getränk auf der Basis des salzigen Riementang-Tees zubereitet haben. Kennt jemand eine Bestätigung dafür ??

5. Eine weitere Möglichkeit ist, daß sich das europäische Wort "Kombucha" direkt aus der Bezeichnung "Hefe-Tee" (japanisch "kôbo-cha") gebildet hat, wobei das Wort seinen Weg nach Europa entweder von China oder von Japan aus angetreten haben und dabei geringfügig modifiziert worden sein könnte.

* Die Wortbestandteile von japanisch "kôbo-cha" stammen auch aus China - gerade so haben die Japaner die chinesische Aussprache vor ca. 1100 Jahren gehört und importiert (mandarinchinesisch wird das heute allerdings "jiao-4 mu-3 cha-2" gelesen). In einem südchinesischen Dialekt könnte früher die Aussprache aber durchaus ähnlich wie "kombucha" geklungen haben.

6. Noch eine Möglichkeit wäre, daß das osteuropäische Teepilz-Getränk seinen Kombucha-Namen einfach durch Verwechslung mit dem japanischen Kombucha bekommen hat ! Zum Beispiel könnte in einem Reisebericht der japanische Kombucha beschrieben gewesen sein als: eine Art Tee, etwas trüb, würzig, schmeckt deutlich anders wie normaler Tee, usw. und ein osteuropäischer Teepilz-Trinker hat dann gleich und falsch geschaltet und gesagt: das kann ja nur mein Teepilz-Getränk sein, und ihm dann diesen exotisch klingenden Namen gegeben !

* Die Bezeichnungen "japanisches Teemütterchen" usw. könnten dann sekundär durch den Glauben an die japanische Herkunft des Teepilz-Getränkes induziert worden sein. Im Übrigen war Japan um die letzte Jahrhundertwende noch ein fernes Land, wo man nicht mal eben hinfliegen konnte, und daher von einer mystischen Aura umgeben: "japanischer Teepilz" klang damals sicher um ein Vielfaches attraktiver als z.B. "ostpreußischer Teepilz".

Tatsächlich hat Hypothese 6 die höchste Wahrscheinlichkeit ! Denn alle meine Versuche, das Teepilz-Getränk in Japan oder China aufzuspüren (abgesehen von den Vermarktungsversuchen in diesem Jahrhundert), sind bisher gescheitert !

Ich habe dazu sogar Kontakt mit einem Professor für Budologie der Kokusai-Bukkyôgaku-Daigakuin-Daigaku (das ist eine Post-Graduate-Universität, an der Magister der Budologie=Buddhismuskunde promovieren können) in Tokio aufgenommen, und auch dieser war sehr erstaunt über die Behauptung, daß die Japaner oder gar früher die Zen-Meister (wie in einem Beipackzettel einer Kombuchaflasche zu lesen stand) fermentierten Tee getrunken haben sollen !

Ein wichtiger Teil des Zen-Buddhismus war immer die sog. Teezeremonie, bei der der (grüne) Tee aus Teepulver und heißem Wasser zubereitet und auch getrunken wird, in streng ritualisierter Form. Undenkbar, daß dabei etwas getrunken worden wäre, was schon eine Woche vorher produziert und dann lange irgendwo herumgestanden hätte. Die Herstellung ist Teil des Rituals.

Daß Tee in Japan und China seit alters her eine wichtige Rolle gespielt hat, ist unbestritten, und daß es dort auch verschiedene fermentierte Lebensmittel gibt, ebenfalls (in Japan z.B. "miso" und "natto"), aber daß es schon vor diesem Jahrhundert dort JEMALS fermentierten Tee gegeben hat, ist mir bisher nicht gelungen nachzuweisen !

Mein vorläufiges Fazit: Entgegen den Aussagen der europäischen Teepilz-Getränk-Befürworter, die seinen Ursprung in Ostasien sehen, ist die Herkunft desselben vorläufig nur bis Osteuropa zurückverfolgbar und darüber hinaus als völlig ungeklärt zu bezeichnen !

Die Versuche, das Teepilz-Getränk mit Nennungen von irgendwelchen süßen Teegetränken oder angeblich wundertätigen Pilzen der Chinesen oder Japaner in Verbindung zu bringen, überzeugen bislang nicht.

Es besteht der Verdacht, daß das Teepilz-Getränk seinen Namen durch eine Verwechslung mit dem gleichnamigen japanischen Algentee erhalten hat, mit dem es aber nichts zu tun hat. Sollte sich dieser Verdacht bewahrheiten, müßte das Teepilz-Getränk, wenn überhaupt als "Kombucha", korrekterweise als "falscher Kombucha" bezeichnet werden !!

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